Interview mit Gründungsmitglied Sophie Weilandt

Damit ein unabhängiger, gemeinnütziger, ehrenamtlicher Verein existieren kann, braucht es viele Menschen, die sich in ihrer Freizeit mit den aktuellen Themen der Entwicklungszusammenarbeit auseinandersetzen und sich überlegen, wie am besten Spenden für weitere Ideen und Aktivitäten aufgetrieben werden. Doch welche einzelnen Menschen arbeiten bei Daraja mit, „welche Menschen sind Daraja“? Um einen kleinen Einblick „hinter die Kulissen“ von Daraja zu bekommen, wollen wir Sophie Weilandt vorstellen, die seit mittlerweile über 10 Jahren Daraja unterstützt und somit als die „Dienstälteste“ im Vorstand gilt. Sophie war von der Gründungsidee von Daraja im Jahre 2007 sofort beeindruckt und ist seit Anbeginn in der Öffentlichkeitsarbeit tätig. Seit 2016 arbeitet sie in der Projektkoordination.

* Liebe Sophie, was war deine ursprüngliche Motivation, dich für Daraja zu engagieren? *

Ich war während der Schulzeit in einer Amnesty-International-Gruppe aktiv, und wollte mich neben meinem Studium für ein kleineres, persönlicheres Projekt engagieren, um die Chance zu bekommen, mit den Menschen, die unterstützt werden, direkt in Kontakt zu treten. Im Rahmen eines Nebenjobs bei den Oberösterreichischen Nachrichten habe ich dann FH-Studierende kennengelernt, die bereits in Emali, Kenia waren, und gemeinsam mit den Leuten vor Ort ein Projekt für HIV-positive Menschen ins Leben rufen wollten. Damals gab es einen christlichen Verein in Emali, der gegen einen offenen Umgang mit HIV/AIDS gearbeitet hat, und das wollten wir ändern.

* Was sind deine persönlichen Highlights und welche Rückschläge gab es in den letzten Jahren? *

Meine persönlichen Höhepunkte waren sicherlich meine Aufenthalte 2010 und 2013 in Emali. Die herzliche und gastfreundliche Art der Menschen, die selbst fast nichts haben, war immer wieder aufs Neue beeindruckend. Einmal haben wir sogar ein lebendes Huhn von einem Gruppenmitglied geschenkt bekommen. Wir haben nicht gewusst, was wir damit tun sollten. Zum Glück hatten meine ReisekollegInnen Gerhard und Michi weniger Berührungsängste, weil sie am Land und mit Hühnern aufgewachsen sind. Sie haben das Huhn in unsere Unterkunft transportiert, und dort wurde es dann der Küche übergeben. Die Besuche unserer kenianischen Projektkoordinatoren in Österreich werde ich auch nicht mehr vergessen. Es war spannend, unseren Alltag durch ihre Augen zu sehen. Beispielsweise haben Chris und Daniel nicht verstanden, warum es in unseren Supermärkten so viele verschiedene Reis-Sorten im Angebot gibt. Wer braucht das?

* Wie hat sich die Entwicklungszusammenarbeit verändert seit Projektbeginn? *

Das Projekt in Kenia ist gewachsen, während die öffentlichen Förderungen in Österreich geschrumpft sind - das ist das Leid vieler humanitärer Organisationen. Dennoch haben wir immer weitergemacht, auch wenn wir nicht selten über's Aufhören nachgedacht haben. Die Menschen in Kenia werden allerdings noch viel härter von den Rückschlägen getroffen, als wir hier in Österreich. Die Klimaveränderungen, die zunehmende Trockenheit, machen es unseren Mitgliedern schwer, landwirtschaftliche Projekte umzusetzen. Ein Tomatenprojekt, wie das einer unserer Selbsthilfegruppen, die eine Zeit lang Tomaten gepflanzt und verkauft hat, wäre mit der derzeitigen Trockenheit nicht mehr wirklich umsetzbar. Wir haben umdenken müssen, und vor allem unsere Projektpartner vor Ort haben für Alternativ-Projekte, wie (trockenheitsresistente) Ziegenzucht, die Ideen geliefert. Nach einigen Jahren haben wir auch eingesehen, dass es durchaus Sinn macht, Kinder und Jugendliche in unsere Entwicklungszusammenarbeit miteinzubeziehen. Denn angefangen haben wir hauptsächlich mit HIV-positiven Frauen. Da das Übertragungsrisiko von HIV von der Mutter auf das Kind in Kenia aber noch so hoch ist, sind auch viele Kinder von der Krankheit betroffen. Das wurde uns erst mit der Zeit bewusst.

* Was verstehst du persönlich unter Entwicklungszusammenarbeit? *

Was ich von meinen KollegInnen von Daraja gelernt hab, von denen ja die meisten Soziale Arbeit studiert haben, oder noch studieren, ist, dass Entwicklungszusammenarbeit nur dann funktionieren kann, wenn sie auf Augenhöhe stattfindet. Es geht nicht darum, dass Daraja nur als Geldgeber wahrgenommen wird, bzw. die Richtlinien vorgibt, wie und wo geholfen wird. Die Menschen in Emali, Kenia, kennen die örtlichen Gegebenheiten, die sozialen Probleme, die politischen Hintergründe, die kulturellen Eigenheiten, die Wetterverhältnisse, etc. viel besser als wir, und haben auch oft die besseren Ideen für Hilfsmaßnahmen. Während wir in Österreich oft die nötige Distanz zu den Problemen vor Ort haben, oder Know-How für neue Buchhaltungs-Software oder andere sozialarbeiterische Ansätze mitbringen. Jeder Veränderung, jeder Weiterentwicklung im Projekt geht ein gemeinsames Nachdenken und Diskutieren voraus, der Budgetplan wird jährlich gemeinsam mit unseren kenianischen Projektpartnern erarbeitet, und das macht EntwicklungsZUSAMMENARBEIT aus, denke ich.

* Was hält dich im Verein und ist dir auch zukünftig ein Engagement für Daraja wichtig? *

Ich kann mir nicht vorstellen, mich NICHT für Benachteiligte zu engagieren. Mit unserer Herkunft und unserem Bildungshintergrund sind wir privilegiert, und das verpflichtet. Jedes Engagement ist wertvoll, würde ich sagen, auch wenn wir immer wieder auf kritische Stimmen gestoßen sind, die nicht verstehen wollten, warum wir nicht in Österreich helfen, sondern tausende Kilometer weit weg. Wer in Kenia gewesen ist, wird verstehen, warum.

*** Wir wollen an dieser Stelle danke sagen, DANKE liebe Sophie, dass du mittlerweile seit über 10 Jahren mit großer Leidenschaft und deinem Herzblut Daraja unterstützt!! ***